Aufgaben mit ausführlichen Lösungen rund um die Beschleunigung von Elektronen in einer Elektronenkanone
Aufgabe 1)
Erläutere, welchen Einfluss die Heizspannung und welchen Einfluss die Beschleunigungsspannung auf den Elektronenstrahl einer Elektronenkanone hat.
Lösung:
Die Heizspannung ist für das Herauslösen der Elektronen aus der Glühwendel verantwortlich (glühelektrischer bzw. Edison-Richardson-Effekt). Die herausgelösten Elektronen bilden eine Wolke aus freien Elektronen um die Glühwendel. Wird nun eine Beschleunigungsspannung angelegt, so werden die freien Elektronen von der Glühwendel weg, hin zu Anode beschleunigt und somit aus der Elektronenwolke abgezogen. Neue Elektronen können sich dann aus der Glühwendel lösen. Je höher die Heizspannung ist, desto mehr Elektronen lösen sich aus der Glühwendel und desto dichter wird die Wolke der freien Elektronen. Durch Anlegen der Beschleunigungsspannung können also mehr Elektronen von der Glühwendel abgezogen werden. Je höher die Heizspannung, desto mehr Elektronen enthält der Elektronenstrahl. Er wird dichter und der sogenannte Anodenstrom steigt.
Die Beschleunigungsspannung bestimmt die Stärke des E-Feldes zwischen Kathode und Anode und sorgt somit für eine Beschleunigung der Elektronen von der Glühkathode weg zur Anode. Je höher die angelegte Beschleunigungsspannung ist, desto schneller werden die Elektronen im Elektronenstrahl bis zum Passieren der Anode.
Aufgabe 2)
An eine Elektronenkanone mit einem Abstand zwischen Kathode und Anode von \(d=5\,\rm{cm}\) ist eine Beschleunigungsspannung \(U_{\rm{b}}=500\,\rm{V}\) angelegt. Du kannst in allen Teilaufgaben klassisch rechnen.
Berechne, mit welcher Geschwindigkeit die Elektronen die Anode der Elektronenkanone passieren.
Ermittle rechnerisch, welche Arbeit an den Elektronen verrichtet wird.
Berechne, wie lange die Elektronen benötigen, um von der Glühkathode zur Anode zu gelangen.
Nun wird die Beschleunigungsspannung variiert und die Elektronen passieren die Anode mit einer Geschwindigkeit von \(v=2{,}054\cdot 10^7 \,\frac{\rm{m}}{\rm{s}}\). Ermittle die angelegte Beschleunigungsspannung.
Lösungen
Für die Geschwindigkeit der Elektronen am Ende einer Elektronenkanone gilt\[{v=\sqrt{2\cdot \frac{e}{m}\cdot U_{\text b}}}\]Einsetzen der gegebenen Größen liefert\[{\Rightarrow v=\sqrt{2\cdot \frac{1{,}6\cdot 10^{-19}\,\text{C}}{9{,}1\cdot 10^{-31}\,\text{kg}}\cdot 500 \,\text{V}}\approx 1{,}326\cdot 10^7\,\frac{\text m}{\text s}}\]
Für die Arbeit gilt\[W_{\text{el}}=F_{\text{el}}\cdot \text {d} = U_{\text b}\cdot e\]\[\Rightarrow W_{\text{el}}=500 \,\text V \cdot 1{,}6\cdot 10^{-19}\,\text C \approx 8{,}0 \cdot 10^{-17} \,\text J\]
Für konstant-beschleunigte Bewegungen gilt:
$$s=\frac{1}{2} a\cdot t^2 \Rightarrow t=\sqrt{\frac{2s}{a}}$$
Auf die Elektronen wirkt im E-Feld die Kraft
\[F_{\text{el}}=\frac{U_{\text b}\cdot e}{\text d}.\] Mit \(F=m\cdot a\) folgt für die Beschleunigung der Elektronen:
\[a=\frac{F_{\text{el}}}{m_{\text e}}=\frac{U_{\text b}\cdot e}{{m_{\text e}\cdot \text d}}\] Einsetzen in die Ausgangsformel und umformen liefert: \[t=\sqrt{\frac{2\cdot s}{\frac{U_{\text b}\cdot e}{{m_{\text e}\cdot \text d}}}}=\sqrt{\frac{2\cdot s\cdot m_{\text e}\cdot \text d}{U_{\text b}\cdot e}}\]\[\Rightarrow t=\sqrt{\frac{2\cdot 9{,}1\cdot 10^{-31}\,\text{kg}\cdot 0{,}05\,\text m\cdot 0{,}05\,\text m}{500\,\text V\cdot 1{,}6\cdot 10^{-19}\text C}} \approx 7{,}54\cdot 10^{-9}\,\text s\]
Die Gleichung für die Geschwindigkeit muss nach \(U_{\rm{b}}\) aufgelöst werden:\[{v=\sqrt{2\cdot \frac{e}{m}\cdot U_{\text b}}\Leftrightarrow U_{\text b}=\frac{v^2\cdot m}{2\cdot e}}\]Einsetzen der Werte liefert\[{\Rightarrow U_{\text b}=\frac{ \left( { 2{,}054\cdot 10^7\,\frac{\rm{m}}{\rm{s}}} \right)^2 \cdot 9{,}1\cdot 10^{-31}\,\rm{kg}}{2\cdot 1{,}6\cdot 10^{-19}\,\text C}\approx 1200\,\text V}\]
Aufgabe 3)
An eine Elektronenkanone wird eine Beschleunigungsspannung \(U_{\rm{b}}=8\,\rm{kV}\) angelegt.
Entscheide und begründe, ob du hier relativistisch rechnen musst oder noch klassisch rechnen kannst.
Berechne die Geschwindigkeit, mit der die Elektronen die Anode passieren.
Nun wird die Beschleunigungsspannung erhöht und die Elektronen passieren die Anode mit der Geschwindigkeit \(v= \frac{1}{2}\cdot c\). Berechne die nun angelegte Beschleunigungsspannung.
Berechne, welche Beschleunigungsspannung bei klassischer Rechnung anliegen müsste, um die Elektronen auf \(v= \frac{1}{2}\cdot c\) zu beschleunigen. Ermittle, wie groß der relative Fehler durch diese Rechnung wäre.
Lösungen
Es muss relativistisch gerechnet werden, da bei Beschleunigungsspannungen von über 2,7 kV die beschleunigten Elektronen eine Geschwindigkeit erreichen, die größer ist als 10 % der Lichtgeschwindigkeit. Ab dieser Grenze würde eine Vernachlässigung der relativistischen Effekte zu einem nicht mehr vernachlässigbar kleinen Fehler führen.
Berechnung der klassisch notwendigen Beschleunigungsspannung: \[U_{\text b}=\frac{v^2\cdot m}{2\cdot e} \Rightarrow U_{\text b}=\frac{c^2\cdot m}{8\cdot e}\approx 63{,}984\,\text {kV}\] Der relative Fehler \(f\) ergibt so aus: $$f=\frac{U_{\rm{klass}}}{U_{\rm{rel}}}-1\Rightarrow\frac{63984\,\text V}{79187\,\text V}-1\approx -0{,}192=-19{,}2\,\%$$Bei klassischer Rechnung wäre die Beschleunigungsspannung also um etwa \(19{,}2\%\) zu niedrig.